Forschungsförderung
Kinderkrebs: Forschung und Fortschritte
In Deutschland erkrankt eines von 470 Kindern innerhalb der ersten 15 Lebensjahre an Krebs. Die Diagnose „Kinderkrebs“ umfasst eine Vielzahl seltener Krankheitsbilder. Ebenso vielfältig sind die noch ungelösten Fragen zur Entstehung, Diagnostik und Therapie.
Die kinderonkologische Forschung trägt wesentlich dazu bei, Heilungschancen zu erhöhen, Therapien zu optimieren und die Lebensqualität zu verbessern. Dank ihr hat sich die durchschnittliche 10-Jahres-Überlebensrate der betroffenen Kinder und Jugendlichen seit 1980 verdoppelt und liegt heute bei 82 %.
Unser Engagement für die Forschung
Trotz aller Fortschritte in der Medizin sterben jedoch immer noch fast 20 % der an Krebs erkrankten Kinder und Jugendliche. Der Förderverein hat es sich deshalb zum Ziel gemacht, wichtige Forschung im Bereich Kinderonkologie zu fördern und so die Überlebenschancen aller krebskranken Kinder zu verbessern. Denn für die Erforschung der teils seltenen Krankheitsbilder fehlt es häufig an ausreichender Finanzierung durch Politik oder Wirtschaft.
Deshalb setzen wir uns auf verschiedenen Ebenen für den Forschungsfortschritt ein:
Forschungsförderung über den Dachverband
In den letzten 30 Jahren hat unser Dachverband, die Deutsche Kinderkrebsstiftung, gemeinsam mit den angeschlossenen Elternvereinen über 70 Millionen Euro in die Forschung investiert. Davon hat der Förderverein über eine Million Euro mobilisiert. Im Schnitt werden über den Dachverband heute mehr als 100 Forschungsprojekte pro Jahr betreut.
Mehr erfahren über die Förderprojekte der Deutschen Kinderkrebsstiftung
Forschungsförderung an der Uniklinik Köln – Schwerpunkt „Neuroblastom“
Mit jährlich rund 150 Betroffenen zählt der bösartige Tumor zu den häufigsten Krebsarten im Kindesalter. Die meisten der kleinen Patienten sind nicht älter als fünf Jahre, wenn die Krankheit bei ihnen diagnostiziert wird.
Die Auswertung der über die Neuroblastom-Studien gesammelten Daten durch Prof. Dr. Frank Berthold haben wir zwischen 2014 bis 2020 mit knapp 280.000 € gefördert.
Die Stiftungsprofessur „Experimentelle Kinderonkologie“ von Univ.-Prof. Dr. Matthias Fischer wurde im Jahr 2016 vom Förderverein initiiert und 5 Jahre mit insgesamt 500.000 € mitfinanziert. Die Stiftungsprofessur wurde inzwischen in eine reguläre Universitätsprofessur überführt. Im Jahr 2018 erhielt Prof. Fischer den renommierten Adalbert-Czerny-Preis der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) (Presse). Zudem wurde er mit dem Deutschen Krebspreis 2025 in der Kategorie „Experimentelle Forschung“ ausgezeichnet, verliehen durch die Deutsche Krebsgesellschaft und die Deutsche Krebsstiftung (Presse).
Daraus hervorgegangen ist eine weitere Arbeitsgruppe im Bereich „Experimentelle Kinderonkologie“ unter der Leitung von Priv.-Doz. Dr. Carolina Rosswog, die von uns seit 2024 mit einer Mitarbeiterin und Verbrauchsmaterial gefördert wird. Auch sie erhielt für ihre Arbeit den Adalbert-Czerny-Preis (Presse).
Interview mit Prof. Matthias Fischer
„Mehr verstehen, damit mehr Kinder überleben“:
Mein mittel- und langfristiges Ziel ist es, mit Hilfe der Molekularbiologie die Therapie krebskranker Kinder zu verbessern. Mein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Forschung am Neuroblastom, einer Krebsart, die fast ausschließlich bei Kleinkindern auftritt. Warum gibt es bei dieser Erkrankung auf der einen Seite hochaggressive Verläufe mit schlechter Prognose und auf der anderen Seite spontane Rückbildungen ohne jegliche Therapie? Hier haben wir in den letzten Jahren wertvolle Kenntnisse gewonnen, auf denen ich aufbauen möchte. Dennoch werde ich meine Professur nicht auf diesen Aspekt reduzieren, sondern auch andere Bereiche der pädiatrischen Onkologie mit einbeziehen.
Sie hilft uns nicht nur dabei, besser nachzuvollziehen, wie Krebszellen entstehen, sondern auch für jeden Patienten maßgeschneiderte Therapien zu entwickeln. Gegenwärtig werden Hochrisiko-Neuroblastome mit einer einheitlichen Therapie behandelt. Heute wissen wir, dass die Tumoren dieser Patienten unterschiedliche genetische Veränderungen aufweisen, die wir mit unterschiedlichen Medikamenten gezielt angreifen können. Was treibt genau diesen Tumor an? Wodurch verlieren die Zellen den Wachstumsanreiz und wie erreichen wir, dass sie absterben? Das sind die Fragen, die wir uns jedes Mal neu stellen.
Unser erstes Ziel ist es, die Überlebenschancen unserer Patienten zu erhöhen. Fast ebenso wichtig ist es aber auch, die Nebenwirkungen zu reduzieren. Sie müssen bedenken, dass wir zum Teil sehr kleine Kinder behandeln. Auch wenn sie den Kampf gegen die Krankheit gewinnen, leiden sie nicht selten für den Rest ihres Lebens an erheblichen Schäden, die durch die Toxizität der Therapie verursacht wurden. Unser Fokus ist daher von Krankheitsbild zu Krankheitsbild unterschiedlich. Beim Morbus Hodgkin beispielsweise, einer Lymphdrüsenkrebsart, haben wir heutzutage phantastische Resultate: über 95 Prozent der erkrankten Kinder und Jugendlichen überleben langfristig. Deswegen lautet hier die Frage: Wie können wir Toxizitäten reduzieren bei gleichen Überlebensraten? Bei Hochrisiko-Neuroblastom-Patienten hingegen liegen die Langzeitüberlebensraten bei 40 bis 50 Prozent. Da verschiebt sich das Gewicht: Hier müssen wir zuerst mehr verstehen, damit mehr Kinder überleben können. Im zweiten Schritt können wir uns dann Gedanken machen, wie wir Therapie-bedingte Schäden reduzieren können.
Eine Stiftungsprofessur ist ein Mittel, um die Forschung in einem bestimmten Bereich auf den Weg zu bringen. Die Finanzierung erfolgt über Stifter, in unserem Fall den Förderverein für krebskranke Kinder e. V. Köln. Die Professur wird bei positiver Evaluation durch eine unabhängige Kommission nach 5 Jahren von der Universität übernommen. Diese stellt auch teilweise das benötigte Personal sowie die Laborräume, Geräte und Verbrauchsmittel; ein anderer Teil wird über Förderorganisationen, wie z.B. die Deutsche Krebshilfe oder das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert. Ohne die Stiftungsprofessur müssten wir die Mittel für die Forschungsarbeit komplett selbst aufbringen – sie bietet daher Stabilität, damit wir uns auf das Wesentliche konzentrieren können. Mein Team und ich sind sehr motiviert, unsere Forschung weiter voranzubringen. Die letzten Jahre an der Uniklinik in Köln waren wirklich eine ganz tolle Zeit – ich hoffe, das geht noch ein bisschen so weiter.
Seit dem Antritt der Stiftungsprofessur bin ich nicht mehr jeden Tag auf Station oder in der Ambulanz, sondern widme mich hauptsächlich der Forschung und Patienten, die mit neuartigen personalisierten Therapien behandelt werden. Ich sehe mich aber weiterhin als Wissenschaftler und Arzt. Deswegen übernehme ich wochenweise die oberärztliche Verantwortung für die kinderonkologische Station. So behalte ich weiter den Kontakt zu den Kindern und Eltern. Die Arbeit in der Klinik ist mir sehr wichtig: Sie holt mich immer ein bisschen zurück auf den Boden der Tatsachen.
Das Interview führte Barbara Boßhammer, Förderverein für krebskranke Kinder e. V. Köln, in 2016, überarbeitet 2025
Prof. Dr. Matthias Fischer
